Unsere erste Zusammenarbeit mit Karlotta Pink – und diese spannende Aufgabe fällt gerade mir zu. Auch u.a. aus termintechnischen Gründen. Im Augenblick habe ich jedoch ein paar Post-Paket-Zustellprobleme und ich war schon ein bisschen in Sorge, dass der Stoff so gar nicht eintrifft. (Die Zustellung am Land ist nämlich eingeschränkt worden. Rationalisieren oder Ressourcen sparen nennt man das wohl- und dann noch Feiertag und Zwickeltag – es war schon spannend.)
Freitag: Endlich, das Paket ist tatsächlich pünktlich angekommen. Die nächste Überraschung: der Handloom ist wunderschön – und zart wie ein Baumwollbatist. Ich hatte mit mehr Körper gerechnet. Wenig Stand also, dafür sanft durchscheinend und ein schöner Fall.
Samstag: Ich nehme mir noch einen Tag zum Überlegen, und arbeite inzwischen an einem anderen Projekt – mehr dazu dann nächste Woche. Abends erfahre ich, dass die Foto schon bis Dienstag fertig sein sollen.
Sonntag: Vormittags Bibliotheksdienst, Einladung zum Mittagessen, aber der Nachmittag gehört diesem Projekt. Es geht gut von der Hand, die Stoffqualität ist herrlich! Es bleiben nur mehr die Säume für Montag.
Montag: Die Schlitze versäume ich mit Belegen, die Säume sind mit „unsichtbaren“ Stichen von Hand genäht. Am Nachmittag habe ich ein paar Schüler und Besuch ist angesagt, Gott sei dank eine Herrenrunde – die haben eine höhere Toleranzgrenze was Nachlässigkeiten im Haushalt betrifft …
Dienstag: Wir brechen voller Optimismus um 7 Uhr mit Hund und zwei Kameras bewaffnet – noch vor dem Frühstück – zum Fotoshooting auf. Bis der Bäcker kommt (der kommt hier im Dorf, tatsächlich mit einem Kleinbus voller Gebäck direkt vor die Haustür) wollen wir zurück sein – das ist so um 8 herum. Und wir schaffen das tatsächlich. Während ich noch eine Runde mit dem Hund drehe, wirft mein Mann zwischen Brötchen kaufen und Frühstück machen schon einen ersten Blick auf die Fotos. Das erste was ich nach unserer Heimkehr höre: „Das ist alles zum Wegschmeißen“. Mit einer guten Ausschnittwahl ist dem Problem nicht beizukommen: Unschärfe. Das hat meinen Mann ja soo geärgert, das ausgerechnet ihm sowas passiert. (Er hat jahrelang Fotografie unterrichtet.) Wir machen noch ein paar Fotos im Hof, meine Leinenhose hatte jedoch zuviele unfotogene Knitterfalten.
Am Nachmittag kristallisiert sich ein neues Problem heraus: Die Farben stimmen überhaupt nicht. Das liegt einerseits an der extremen Lichtsituation, starke Sonne, blaue Schatten, andererseits am changierenden (farbwechselnden) Material des Stoffes. Er ist mit schwarzen Kett- und himbeerroten Schussfäden gewebt und wechselt mit sanften Schimmer je nach Fall und Licht von Rot, Pink über Violett zu einem Fastschwarz …
Wir beschließen noch einmal ein paar Foto zu machen, in möglichst farbneutraler Umgebung. Gefragt war also Grau. Ich habe die letzten Bilder „The last Version“ betitelt – letzte Chance wäre wohl das richtige Wort gewesen.
Und nun zum Schnitt: Ich webe selber (ein bisschen), daher kann ich mir gut vorstellen wie viele Stunden und Fleiß in diesen zwei Metern Stoff stecken und habe höchsten Respekt vor den Handwerkern. Es war für mich klar, dass ich mit so wenig Verschnitt als möglich arbeiten möchte und auf der Puppe, d. h. drapieren und weitestgehend an der Büste das Kleidungsstück entwickeln werde. Gerade Teile würden die Ausgangsbasis bilden und die Bordüre soll im Blickpunkt stehen. Eine Jacke war meine Vorgabe – ich hatte wirklich mit mehr Festigkeit gerechnet – aber Jacken können auch sanft fließend sein.
Die über die Schulter laufende Bordüre (anstatt traditionell am Saum) – diese Idee gefiel mir. Durch das eingesetzte Rückenteil enstand ein schöner Akzent .
Vorne bleibt die Jacke offen. Sie hat zwei aufgesetzte Taschen, Seitenschlitze und die Ärmel sind tief angestzt und relativ eng, wobei die Bordüre den Arm entlang hinunter läuft.
In der nachstehenden Schemazeichnung ist die Konstruktion zu sehen:
Doch die Bordüren können ganz unterschiedlich eingesetzt werden: bei Brennnesselein in Kombination mit afrikanischen Stoffen, knalliges Pink findet man bei BuxSen, ein Sommerset in blau bei langes Fädchen, faules Mädchen und eine Irene bei Ellafabrics. Verlinkt zu RUMS.
Fazit: Wenn das Problem mit den Fotos nicht gewesen wäre … Grundsätzlich ein sehr schöner Stoff, weich, leicht südlich, sonnig, er hat irgendwie etwas von Urlaub. Und durch die Verwendung der originalen Abschlußkanten spart man viel Zeit beim Nähen. Das Kleidugsstück ist extrem leicht. Ich überlege jetzt schon, was ich passendes dazu nähen könnte.
Stoff: Handloom in Schwarz-Rot von Karlotta Pink, handgewebt in Indien – im Rahmen der Koorperation für dieses Projekt zur Verfügung gestellt
Zeit: Das kommt auf die Ausdauer an, ein Nachmittag oder Tag. Es gibt sehr wenig zum Versäubern.
Projekt für später merken:
Was für ein wunderschönes Teil aus diesem Stoff! Deine Entstehungsgeschichte hört sich nicht viel weniger hektisch an als meine!
Liebe Grüße,
Jenny
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Normalerweise geht`s etwas gemütlicher, aber irgendwie war es diesmal wie verhext. L.G. Silvia Franziska
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Wow! Was für eine wunderschöne Jacke! ♥ Sieht klasse aus. Der Stoff sieht wirklich toll aus. Die Bordüre gefällt mir auch sehr gut!
Liebe Grüße
Jenni
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Danke!Dieser luftige Stoff ist gerade richtig für die Hitze.l.g.Silvia
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Wunderschön!
Ich liebe es, wie die Bordüre zur Geltung kommt. Und die Farbe steht Dir ausgezeichnetQ
LG
JULIA
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Und was für eine Farbe, zeitweise wußte ich nicht mehr ob`s Rot oder Pink ist- ihr habt mich ja jammern gehört. Die Bordure wirkt sehr schön , find ich auch.l.g.silvia
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